Ein gutes Kochbuch über die schwäbische Küche liegt vor mir. Andreas Widmann hat sein erstes Buch herausgebracht und in ihm klassische und neue Rezepte aus seiner Heimat niedergeschrieben. Er lässt seine Produzenten in Kurzporträts zu Wort kommen und erklärt ausführlich, was ihn dazu bewegt tagtäglich seiner Leidenschaft nachzugehen. Ich habe dieses Buch mit Spannung erwartet, da mir als im „Ländle“ aufgewachsener Schwabe die schwäbische Küche sehr am Herzen liegt und natürlich auch in mir die ein oder andere Kindheitserinnerung hervorruft. So sind mir Gerichte wie der Gaisburger Marsch (eine Rindssuppe mit Fleisch, Spätzle, Kartoffeln und Gemüse), Maultaschen, Bubaspitzle (Schupfnudeln), Spätzle, Grießklößle, Flädle (Suppeneinlage aus in Streifen geschnittenen Pfannkuchen), Zwiebelrostbraten und Kartoffelsalat schon aus Kindheitstagen bekannt, oft von der Oma gekocht. Wie nun der Inhalt des Buches „natürlich schwäbisch“ abschneidet und was euch darin an Rezepten erwartet, erfahrt ihr in diesem Bericht.

Fangen wir beim Autor an. Andreas Widmann begann seine Ausbildung zum Koch 2007 in Fellbach im Restaurant „Oettinger“ und stieg 2011 zum Chef de Partie im „Atelier“ in München auf. 2013 wechselte er zum „Werneckhof“, begab sich für ein Jahr in die weite Welt nach Neuseeland in die „Cable Bay Winery“. Seit 2017 ist er nun Küchenchef und Inhaber des Hotel-Restaurants „Widmanns Löwen“ in seinem Geburtsort Zang in der Nähe von Aalen auf der Ostalb. Sein Gourmet-Restaurant „Ursprung“ (1 Michelin-Stern & Grüner Michelin-Stern) eröffnete er im Jahr 2018, ebenso sein „Widmanns Alb.leben“.
In seinem Kochbuch gibt er uns einen Einblick in bodenständige, klassische schwäbische Gerichte, wie er sie in seinem Wirtshaus serviert und in seine raffinierteren Gerichte, die meistens neu interpretierte schwäbische Klassiker sind, die er im „Ursprung“ auftischt. Gerade die Rezepte in dem Kapitel „Ein Abend im Ursprung“ fand ich als Hobbykoch, der sich gerne an gehobenere Gerichte wagt, interessant. Da gibt es zum Beispiel „Geräucherter Aal mit Roter Bete und Kartoffel“, „Gebratene Pilze mit Eigelb und Bärlauch“, „Strammer Max vom Saibling“, „Schweinebauch mit Krautspätzle und Alblinsen“ oder „Petersilienwurzel mit Quitte und Rahm“. Tolle Teller, die ganz oben auf meiner To-Do-Liste stehen. Leider sind diese Art von Gerichten aus dem „Ursprung“ auf 30 Seiten seines insgesamt 240-Seiten-Buches beschränkt – schade, davon mehr bitte. Beziehungsweise, der schaue sich das Kochbuch „Heimat Weite Welt“ von Benjamin Maerz an: ebenso wie Widmann ausm Ländle (etwas andere Region), schwäbische Sterneküche mit zahlreichen Neuinterpretationen der Klassiker. Sehr zu empfehlen! Und wenn wir gerade dabei sind, Kochbücher über die schwäbische Küche zu empfehlen, dem lege ich „Echt schwäbisch!“ von Simon Tress sehr ans Herz. Darin findet ihr exakt die Rezepte, wie sie meine Oma damals machte. Nun aber weiter in Widmanns „natürlich schwäbisch“.

Andreas Widmann bedeutet seine Heimat rund um Zang auf der Ostalb alles. Aus diesem Grund hat er in vielen knappen Kapiteln jeder Leidenschaft ein paar Zeilen gewidmet. Ergänzt durch die tolle Fotografie von Vivi D’Angelo erzählt er über seine Heimat, „Ein Schäfer mit großem Herz“ – Lämmer von der Ostalb sind bekannt und von super Qualität -, „Direkt an der Quelle“ (Forellenzucht!), „Die Hüter der Bienen“, seine Familie und „Familienessen“, „Grillen mit Freunden“, „Ein Schreiner mit Leidenschaft“ u.v.m. Was mich als Leser etwas verwirrt ist, dass nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist, ob ein Kapitel Rezepte beinhaltet oder nur ein reines Porträt. Ein weiterer Minuspunkt ist das Rezeptregister. Gelistet sind zum Beispiel die klassischen Maultaschen unter S wie „Schwäbische Maultaschen“ und nicht unter M. Unter M wie „Maultaschen“ findet man lediglich Kartoffelmaultaschen und die Einlagen zur Hochzeitssuppe. Und so sind die „Schwäbische Miso-Mayo“, der „Schwabenstreich-Rostbraten“, die „Bauernhofkartoffeln“ und die „Tiroler Alpengarnele und Stör“ kaum mithilfe des Registers zu finden. Auch ein zusätzliches Zutatenregister hätte ich hilfreich gefunden. Und ein weiterer Minuspunkt ist leider das etwas schlampige Lektorat: mir sind auf 14 Seiten inklusive dem Text auf dem Buchrücken Grammatik-, Rechtschreib- und Zeichenfehler aufgefallen. Aber gut, das lässt sich in der 2. Auflage korrigieren.
Fazit: Insgesamt empfehle ich das Buch trotz mancher Mängel, da mir einige der Rezepte sehr gut gefallen und ich Fan der schwäbischen Küche und deren Verfechter bin.