Cook The Mountain


Vornweg: Wow! Was für ein prächtiger Schmöker. Alleine die Haptik des Buches macht Lust aufs Durchblättern, doppelseitige Landschaftsaufnahmen nehmen ein sofort mit ins Grüne. Die Rezepte sind in einem zweiten Büchlein ausgelagert. Super, denn so bleibt im Hauptband mehr Platz für vielzählige Aufnahmen der Gerichte, Produkte, Erzeuger und Natur. Und Platz für Geschichten, Informationen und Anekdoten. Mit dem Untertitel „The nature around you“ ist Südtirol gemeint, auch Alto Adige genannt. So nennen die Italiener ihre nördlichste Region. Und dort lebt, arbeitet, kocht und schwelgt Norbert Niederkofler.

„Cook the Mountain“ The nature around you – Robert Niederkofler

Wer ihn noch nicht kennt (und das sollte man), hier ein kurzes Portrait: Norbert Niederkofler wurde 1961 in Luttach im Ahrntal/Südtirol geboren und wuchs dort gemeinsam mit seinen vier Schwestern auf. Nach dem Abitur besuchte er die Hotelfachschule, verbrachte insgesamt 15 Jahre im Ausland, wo er unter anderem in Deutschland, den USA, der Schweiz, Österreich und in Italien lernte. Anfang der 90er Jahre kehrte Norbert Niederkofler nach Südtirol zurück und übernahm 1994 den Restaurantbereich im Hotel Rosa Alpina, das 1996 das Restaurant St. Hubertus eröffnete. 2001 erhielt das Restaurant seinen ersten Michelin Stern, der zweite folgte 2006 und 2017 der dritte. Dieser ist weltweit der einzige für eine komplett regionale Küche.

Waldpilze

In einem Interview mit dem Magazin Bergwelten beschrieb Niederkofler die Philosophie seiner Küche so: „Am Berg zu leben ist eine Philosophie. Man muss sich der Natur anpassen und sich ihr auch unterordnen. Es ist ein karges und manchmal schwieriges Leben, aber auch wunderschön. Heute sind die Berge einer der letzten naturbelassenen Flecken auf der Erde. Der Winter fordert mehr Kreativität, im Sommer gibt es Produkte in Hülle und Fülle. Ich sehe das aber nicht als Einschränkung, sondern als Umdenken. In der Wahl der Methode sind wir zum Beispiel völlig frei. Viele Produkte sind ursprünglich aus einer Notwendigkeit heraus entstanden. Auf der Alm hatte man nicht die Möglichkeit, wohin zu fahren um Lebensmittel einzukaufen. Also stellte man Käse her – denn Milch gab es im Überfluss. Auch das Räuchern von Speck dient dazu, ihn lange haltbar zu machen. Es galt zu produzieren, um das ganze Jahr über davon leben zu können. Die Menschen waren unwahrscheinlich kreativ. Darum geht es und das wird heute viel zu wenig geschätzt.“

Damit folgt Niederkofler dem Trend brutal regional zu kochen – der Großteil hipper Läden in Berlin wie z.B. Nobelhart & Schmutzig macht das so. Im Grunde nichts Neues. Aber das soll es ja auch nicht sein. Auf diese Weise hat man früher gekocht. Als noch nicht jedes x-beliebige Produkt um die Welt geflogen werden konnte. Im Grunde ist ein Rückbesinnen auf Tradition und damit einhergehend eine Renaissance der Regionalität. Das ist in unserer heutigen, durch und durch globalisierten Welt, unabdingbar: der Respekt vor der unmittelbaren Natur, um einen herum. Da stehe ich zu 100% dahinter und bin froh, dass es Küchenchefs wie Niederkofler auch so sehen und gewissermaßen vorleben. Ein Gericht, das diese Denkart Niederkoflers wohl am treffensten widerspiegelt, ist die „Forelle Müllerin Art“. Die wird ja bekanntermaßen traditionell mit Zitrone serviert. Auf die wollt er aber verzichten: nicht regional! Erst als der Ersatz für die Säure der Zitrone gefunden wurde, kam das Gericht auf die Karte. Mit fermentierten gelben Pflaumen. Voila!

Aufgebaut ist „Cook the Mountain“ in die Kapitel mit den Überschriften: Norbert Niederkofler, Cook the Mountain und Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Das Ordnen der Gerichte in Jahreszeiten leuchtet ein, ist doch jedes verwendete Produkt (wenn es nicht eingemacht, fermentiert oder auf andere Weise haltbar gemacht wurde) an seine Jahreszeit, in der es geernet wird, gebunden. Gut gefällt mir auch, dass Tiere „from nose to tail“, also ganz verarbeitet werden. Das beiliegende Rezeptbuch ist in schwarz-weiß gedruckt – großzügige, farbige Bilder bietet ja der Hauptband zu Genüge. Neben den Rezepten zu den Gerichten gibt es Platz für eigene Notizen. Die Rezepte sind gut nachzukochen, brauchen selten viele Zutaten, sind in der Zubereitung aber auch teilweise für den geübteren Hobbykoch, zu welcher Sorte ich mich zähle. Ein kleiner Ausschnitt daraus, der Hunger macht auf mehr: Wilder Spargel in Bienenwachs, Schafrippchen und Löwenzahnpesto, Berg-Ramen, Forellenbäckchen, Rinderzwerchfell, Kalbsbries und Lärche mit Zitronenmelissensalz, fermentierten Lärchenzapfen, Sauerampferemulsion und Bergthymianöl.

Fazit: ein Buch, das aus oben aufgeführten Gründen durch und durch zu empfehlen ist!

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